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8 Gründe, warum du als queere Person mit Lindy Hop anfangen solltest

Egal, zu welchem Teil der Alphabet-Mafia du gehörst – lesbisch, schwul, bisexuell, trans, nicht-binär, genderqueer oder eine andere Identität innerhalb unserer Community – Lindy Hop könnte genau das Richtige für dich sein.

Wir hier bei Queer Lindy Cologne möchten dir helfen, Teil unserer (Queer) Lindy Tanzszene zu werden. Wir verstehen jedoch, dass viele von euch vielleicht gar keine Ahnung haben, was Lindy Hop ist, oder dass ihr hier gelandet seid, weil ihr nach „gute Tänze für queere Menschen“ gegoogelt habt – ihr habt euch halt einfach noch nicht mit dem Swing-Virus infiziert. Keine Sorge, wir sind hier, um sicherzustellen, dass sich das schnell ändert! Wenn du queer bist und mit dem Tanzen beginnen möchtest, könnte Lindy Hop genau das sein, wonach du suchst.

Schau dir die 8 Gründe an, warum wir denken, dass du als queere Person mit Lindy Hop anfangen solltest.

8 reasons to start Lindy Hop as a queer person; queer lindy

1) Ein einfacher Weg, um neue Freunde zu treffen

Zunächst einmal ist Lindy Hop eine großartige Möglichkeit, neue Leute kennenzulernen. Im Gegensatz zu anderen Tänzen ist es in den meisten Swing-Kurse so, dass ein ständiger Partner*innenwechsel durchgeführt wird: du wirst selten länger als zwei Minuten mit der gleichen Person tanzen. (Keine Sorge – bei all dem Partner*innenwechsel ist es nicht schlimm, jemandem wieder nach dem Namen zu fragen, auch wenn du schon mehrmals mit ihm*ihr getanzt hast. Das geht uns allen so.) Wir haben alle großartige Freunde gefunden, weil wir mit jemandem einen fantastischen Tanz hatten und dann beschlossen haben, ihn*sie besser kennenzulernen.

Darüber hinaus bieten Social Dances, d.h. Partys mit DJs oder Live-Swing-Musik, bei denen du mit anderen tanzen kannst, viele Gelegenheiten, neue Leute zu treffen. Und während viele Veranstaltungen abends/nachts stattfinden, gibt es auch eine Vielzahl von anderen Events: hier in Köln kannst du z.B. Tea Dances am Sonntagnachmittag oder wöchentliche Tänze im Park am Rhein im Frühjahr und Sommer finden.

Wenn du an Veranstaltungen interessiert bist, die speziell von und für queere Menschen gemacht werden, schau dir unsere Queer Lindy Eventseite an.

2) Geschlechterrollen herausfordern

Wie die meisten Bereichen der Gesellschaft ist Lindy Hop immer noch stark heteronormativ, z.B. in Bezug auf Tanzrollen und Outfits. ABER.

Die Swing-Szene hat in den letzten zehn Jahren große Fortschritte gemacht, um sich von geschlechtsspezifischer Sprache zu entfernen. Es ist sehr selten, in Unterrichtssettings gegenderte Pronomen („er macht einen Schritt vorwärts, sie folgt“) für die verschiedenen Tanzrollen zu hören. Wettbewerbe auf großen Festivals, die zuvor geschlechtsspezifische Namen hatten („Jack & Jill“), werden jetzt mit geschlechtsneutralen Namen („Mix & Match“) bezeichnet. Die Veränderungsbereitschaft der Lindy Hop Gemeinschaft lässt uns glauben, dass noch mehr Fortschritt möglich ist.

Für die meisten Tänzer ist trotz der nicht-gegenderten Sprache weiterhin die Standarderwartung, dass Frauen als Follower tanzen und Männer als Leader. Selbstverständlich stimmen traditionelle Geschlechterrollen und Partnerschaften im Tanz selten mit unseren queeren Identitäten und Realitäten überein. Während du bei den meisten Lindy Hop Events immer noch Menschen siehst, die in der Rolle tanzen, die traditionell mit ihrem Geschlecht assoziiert wird, ändert sich auch das langsam. Es ist nicht selten, dass Frauen die Leader-Rolle übernehmen; es ist, zugegebenermaßen, immer noch sehr selten, dass männlich aussehende Tänzer als Follower tanzen. Aber auch hier ist eine Veränderung langsam spürbar. Außerdem switchen immer mehr Tänzer*innen, d.h. sie wechseln die Rollen mitten im Tanz. Gibt es etwas queereres als das? (Abgesehen natürlich von Katie Cobalts und Jason Hsus wunderbar queere Drag-Performance, die du links sehen kannst.)

Wir können nicht versprechen, dass du nicht auch mal mit jemandem tanzt, der an traditionellen Geschlechterrollen festhält. Aber glücklicherweise bedeutet der ständige Partner*innenwechsel, dass du gleich bei der nächsten Person darüber klagen kannst – und wenn dich so etwas auch so aufregt wie uns: Willkommen im Club, du bist hier genau richtig.

3) Lindy Hop hat seine Wurzeln in einer Kultur, die von queeren Identitäten beeinflusst war.

Lindy Hop wurde in den 1930er Jahren von Afroamerikanern in Harlem entwickelt, erprobt und bekannt gemacht. Diese Zeit, die als Harlem Renaissance bezeichnet wird und als Meilenstein der afroamerkianischen Kultur gefeiert wird, wurde von einem Literaturkritiker und Professor als „sicherlich mindestens so schwul wie schwarz“ bezeichnet.

Es gibt viele bekannte Beispiele von queeren Menschen aus dieser Zeit: Nehmen wir zum Beispiel Gladys Bentley, eine Entertainerin und Sängerin, die dafür bekannt war, Männerkleidung zu tragen; oder Ma Rainey, die lesbische Partys veranstaltete und in einem Lied über gleichgeschlechtliches Begehren sang („I went out last night with a crowd of my friends / It must’ve been women, ‘cause I don’t like no men“); oder Billy Strayhorn, der Robin zu Duke Ellingtons Batman, der seinen Freunden und Bandmitgliedern gegenüber offen schwul war.

Wir haben einen Blogpost über queeres Tanzen in der Harlem Renaissance geschrieben, falls du mehr über das Thema erfahren willst. Queer Swing Seattle hat eine Liste von queeren Einflüssen auf Lindy Hop aus der Vergangenheit zusammengestellt, und du kannst auch Podcasts über queere Aspekte der Lindy Hop Geschichte auf unserer Ressourcen-Seite finden. Für weitere Informationen zur queeren Geschichte der Harlem Renaissance empfehlen wir diesen Artikel vom National Museum of African American History and Culture und diese Übersicht von der New York Times.

Gladys Bentley

4) Lindy Hop als Möglichkeit, unsere Identität weiter zu erkunden

Frag jeden, der schon eine Weile tanzt, und man wird dir sagen, dass Lindy Hop sich unglaublich gut eignet, sich selbst auszudrücken. Jazzmusik ist ein sehr freies, flüssiges und vielseitiges Genre, das uns ermutigt, zu improvisieren und uns auf unsere eigene Weise zu bewegen. Es gibt nicht nur eine Art, einen Swingout zu tanzen, oder deinen Jig Walk zu stylen, oder zu swiveln. Du möchtest auf eine besonders maskuline oder feminine Weise tanzen? Mach es einfach! Du möchtest Raum einnehmen und feiern, wer du bist? Tanze groß! Du möchtest als Follower tanzen, aber auf keinen Fall einfach nur das tun, was dir vorgeschlagen wird? Dann sei ein aktiver Follower, initiiere Bewegungen und breche mitten im Tanz von deinem Partner weg, um deine Solo-Jazz-Fähigkeiten unter Beweis zu stellen!

Da die Musik und der Tanz so vielseitig sind, erscheint es uns nur logisch, dass Lindy Hop uns eine großartige Plattform bietet, um unsere Queerness auszudrücken. Wie wir das tun, liegt ganz bei uns – vielleicht tust du das, indem du Geschlechterrollen herausforderst oder Switch-Tanzen praktizierst. Wir hier bei Queer Lindy Cologne versuchen, das für uns selbst herauszufinden, und arbeiten aktiv daran, dass es mehr queere Menschen in dieser Community gibt, die dasselbe anstreben.

5) Es gibt sogar eine internationale Community.

In dem Moment, wo du dich so richtig mit dem Lindy Hop Virus infiziert hast, wirst du andere Städte und Länder besuchen wollen, um zu tanzen. Festivals sind eine großartige Gelegenheit, um Unterricht bei neuen Lehrern zu nehmen und dich von Tänzer*innen inspirieren zu lassen, mit denen du noch nie getanzt hast. Festivals können sich auf ganz verschiedene Aspekte des Tanzens fokussieren oder auf eine bestimmte Gruppe von Tänzer*innen ausgerichtet sein.

In Europa gibt es bereits zwei etablierte Queer Lindy Festivals in Edinburgh und Göteburg – und sie sind absolut brillant. Sie sind einer der Gründe, warum wir hier in Köln Queer Lindy Cologne ins Leben gerufen haben! Und wer weiß, vielleicht wird es bald auch ein Festival in Köln geben…

6) Super für dein psychisches Wohlbefinden

Ein Tanz mit jemandem kann eine fantastische Möglichkeit sein, uns miteinander auszutauschen. Es ermöglicht uns, verschiedene Perspektiven zu verstehen und voneinander zu lernen. Im Lindy Hop geht es bei einem erfolgreichen Tanz um Kommunikation, ohne dass man tatsächlich ein Gespräch darüber führen muss, welchen Move man wann wie machen soll. Du hörst die Musik und achtest auf deine*n Partner*in, ihr inspieriert euch gegenseitig und reagiert aufeinander.

Du siehst, wie dein*e Partner*in die Hüften bewegt, du schließt dich der Bewegung an und fügst einen kleinen Shimmy mit den Schultern hinzu, was dein Gegenüber direkt aufnimmt und worauf er*sie aufbaut. Dieses Geben und Nehmen kann eine sehr erfüllende Erfahrung sein; selbst wenn ihr euch nicht gut kennt, kann ein erfolgreicher Tanz dazu führen, sich gesehen und geschätzt zu fühlen.

Und wenn du gerade auf Interaktionen keine Lust hast, kannst du immer noch neben anderen Solo-Jazz tanzen!

7) Auch wenn die Szene nicht perfekt ist – sie bietet viel und hat viel Potenzial.

Wenn du Interviews mit Queer Lindy Hop Tänzer*innen hörst, werden viele von ihnen (zu Recht) die Lindy Hop Community für z.B. mangelnde Diversität auf höheren Ebenen oder ihre Heteronormativität an bestimmten Orten kritisieren. Dennoch haben viele von uns nach einer ersten Kostprobe mit dem Tanzen weitergemacht, weil es uns liberaler und fortschrittlicher erschien, als wir es vielleicht von anderen Tänzen gewöhnt sind. Es fühlt sich neu und befreiend an, wenn du in einem Tanzkurs keine geschlechtsspezifische Sprache hörst. Es ist eine schöne Überraschung, den*die Partner*in im Unterricht zu wechseln und plötzlich festzustellen, dass die Person, von der du anfangs dachtest, dass sie absolut nicht mit dir tanzen möchte, sich als großartige*r Partner*in herausstellt, mit dem*der du richtig gut zusammenpasst.

Einige Festivals und Tanzschulen haben Maßnahmen ergriffen, um ihre Räume einladender und sicherer zu gestalten („safe space“). Dazu gehört, dass sie sich von Menschen aus marginalisierten Gruppen beraten lassen, um eine Umgebung zu schaffen, die wirklich inklusiv sind. Bei einigen Veranstaltungen findest du Sicherheitsbeauftragte („safety officers“: Personen, an die du dich wenden kannst, wenn du dich in irgendeiner Weise unsicher fühlst, die versuchen, sicherzustellen, dass die Verhaltensregeln der Veranstaltung von allen eingehalten werden.

Manchmal kann man sich niedergeschlagen fühlen – vielleicht warst du bei einem Social Dance, bei dem es schwierig war, in der Rolle zu tanzen, die nicht traditionell deinem Geschlecht zugeordnet ist, vielleicht hattest du eine seltsame Erfahrung während eines Tanzes, vielleicht gab es einen merkwürdigen, länger anhaltenden Blick. Diese Erfahrungen passieren und sie sind unangenehm. Aber wir alle sind der Meinung, dass die positiven Erfahrungen die negativen bei weitem überwiegen. Schließ dich uns an und arbeite aktiv daran, dass die Szene eine noch bessere wird!

8) Es macht unfassbar viel Spaß.

Darum geht es letztendlich: wenn du uns nach dem Hauptgrund fragst, warum wir  Lindy Hop tanzen, dann werden wir vermutlich alle sagen: „weil es uns immer so viel Freude bereitet“. Das kann daran liegen, dass wir Freunde gefunden haben, mit denen wir eine Verbindung auf der Tanzfläche geknüpft haben, weil wir uns gesehen fühlen, weil wir uns auf eine Art und Weise ausdrücken konnten, die sich sehr „wie wir“ anfühlt, oder weil wir beschlossen haben, ganz verspielt mit jemandem zu tanzen, der sich zu 100% darauf eingelassen hat. Lindy Hop ist einfach großartig.

Was wir mit diesem langen Text sagen wollen: Komm vorbei, probiere Lindy Hop aus (vielleicht ja sogar bei einer unserer Veranstaltungen) und fang an zu tanzen! Und wenn du noch überzeugt werden musst, schau bei einem unserer Queer Lindy Meet-ups vor den Social Dances vorbei, und wir werden dich gerne persönlich überzeugen.

Denkst du, wir haben einen Grund übersehen oder etwas falsch dargestellt? Kontaktiere uns über unseren Instagram-Account oder schreib uns eine E-Mail.

Queer Lindy Cologne